Islands Westfjorde
Eine wunderbare isländische Abenteuerreise, unerschütterlich und sicher geführt von Philipp Jakesch.
9 Tage im Outback einer faszinierenden fremden Welt. Klassisch isländisch denkt man, aber dann doch ganz anders als entlang der weitgehend ausgetretenen Massentourismuspfade. Schon der Beginn in Schwechat zeigt uns ein wenig die Richtung an, nämlich ein ordentliches Sturmtief. Daher schlafen wir die erste Nacht gleich im Hotel am Wiener Flughafen. Am Tag darauf kann Keflavik wieder angeflogen werden und wir verlieren keine Zeit um nach Norden auf die Snaefellsness Halbinsel zu gelangen. Beim ersten Fotostopp an einem Wasserfall werden wir vom kalten Wind und Regen durchgebeutelt, ein erster nasser Gruß. Auf nach Grundafjördur zum weltbekannten Kirkjufell, der wie ein verlorener Zuckerhut in der Landschaft steht. Hier werden wir auch nächtigen, allerdings erst nach unserem ziemlich stürmischen Ausflug nach Arnarstapi um die Felsbögen bei Monsterwellen und riesiger Gischt zu sehen. Ein einsamer und lebensmüder Tourist wagt sich wegen Selfie an die umtoste Felskante vor, wir warten fast schon beängstigt drauf, dass die nächste Welle ihn frisst, aber glücklicherweise passiert das nicht.
Am nächsten Morgen geht’s noch mal zum Kirkjufell und seinen schönen Wasserfällen, nun mit kurzem Sonnenfenster, sehr fotogen. Weiter nach Stykkisholmur, doch zuerst noch ein riesiger Wasserfall. Wir klettern durch die steilen Flechten um den riesigen 70m Grundarfoss in Szene zu setzen. Ich merke gar nicht, dass mir der starke Wind mein Regencover vom Fotorucksack reißt, und werde später erfolglos danach suchen. Am Nachmittag gehen wir in Stykkisholmur an Bord der einzigen Fähre, die über den Breidafjördur den Nordwesten Islands mit den magischen Westfjorden verbindet. Als wir bequem Platz nehmen, warnt uns erst eine isländische, dann englische Lautsprecherstimme vor „heavy swell“, und ich amüsiere mich, da ich Gottseidank einen Saumagen habe. Einige werfen sich gleich professionell Tabletten gegen Seekrankheit ein. Dann geht’s los, erst recht normales Gewackel, kurz ruhiger, ich dreh noch begeistert Videos an Deck, und auf einmal schepperts überall, die Wellen gehen sogar vorne über den Bug der Fähre, manche schreien kurz auf. Das ist selbst mir zu viel, ich sehne mich nach der Wirkung eines Antiemetikums welches ich leider nicht eingenommen habe. Nach der Ankunft sind sich alle sicher, die Rückreise über den östlichen Landweg ist bestimmt auch schön.
Wir fahren in der Region um Patreksfjördur über abgelegene Schotterstraßen entlang der fast utopisch anmutenden, steil abfallenden Plateauberge, die hier diese unverkennbare Fjordoptik erzeugen. Unser tolles Quartier beziehen wir nahe Latrabjarg, dem westlichsten Punkt Europas.
Während dem Abendessen reißen die Wolken auf, man sieht einzelne Sterne. Unser Wirt meint es gäbe heute Nordlichtchancen und ohne viel Zwang machen wir uns auf, fahren über menschenleere Gegenden an einen weit entlegenen Sandstrand unweit der Westspitze Europas bei Kollsvik. Wir bauen unsere Stative auf und der Mond geht in voller Pracht hinter dem Berg auf, beleuchtet den hellen Sand, es ist wunderbar. Durch die Wolken sieht man schon zartes Nordlicht, dann etwas mehr und schließlich gegen Mitternacht erlebe ich eine meiner schönsten Nordlichtnächte, mit Mondlicht, traumhaftem Strand und weichen Wellen. Wie immer bei starkem Polarlicht baut sich ein grüner Gürtel über uns auf, mäandert am Nachthimmel, euphorisch drehen wir uns mit dem Blick nach oben im Kreis und ich jauchze laut, weil`s so schön ist. Es wird die einzige „grüne Nacht“ der Reise bleiben.
Tag 4, wir fahren über Patreksfjördur zum Raudasandur, verbringen den halben Tag an diesem gigantisch großen, orangeroten Riesenstrand. Die Impressionen sind gewaltig, wir haben Sonnenschein, einfach Glück. Spät abends dann noch nach Latrabjarg, hier erklimmen wir die beängstigend hohen Steilklippen (bis 450m!) und genießen einen kurzen windigen Ausblick für Schwindelfreie.
Nächster Tag, Fahrt durch die Region um Bildudalur in Richtung Dynjandi. Hier sehen wir den beeindrucktesten Wasserfall der gesamten Westfjorde. In 6 Kaskaden bahnt sich das Wasser unweigerlich seinen Weg nach unten. Der größte und zugleich oberste Fall ist der Dyniandi, 100m hoch und 60 m breit, eine unglaubliche Naturgewalt. Wir kommen abends in Isafjördur, der Westfjorde-Hauptstadt an.
Das Highlight der Reise am Tag 6, Bootsfahrt von Isafjördur zum Naturschutzgebiet Hornstrandir zu den Polarfüchsen (siehe extra Text). Sowohl Anfahrt als auch Rückfahrt mit Boot sind ein einmaliges Erlebnis, tolles Fotowetter mit schwarzen Wolken und fächerartigen Sonnenstrahlen dazwischen. Atemberaubend wilde Küstenlinie.
Neuer Tag, nasses Revival. Regnerisches Frühmorgen- Shooting am Sandstrand nahe Borlungavik. Wir besuchen das Arctic fox Centre in Sudavik, fotografieren eine sehr fotogene Robbe und kehren im herzig urigen Kaffeehaus „Litlibär“ ein, um warmen Heidelbeerkuchen zu genießen.
Abends landen wir in Heydalur bei Thermalquellen und lassen uns die Naturpools nicht entgehen. Ich bin mutig und steige gleich ins erste Becken, überraschend heiß, fast nicht auszuhalten. Im zweiten Pool wird’s angenehmer, wir haben Spaß und entspannen wie Kurgäste in der natürlichen Thermalquelle.
Tag 8, Fahrt nach Dupavik. Wasserfälle, und Regenlandschaft wechseln sich ab. Einmal stürm´ ich fast alleine aus dem Bus, weil alle schon nass genug sind und werde mit wunderschönem Regenbogen belohnt. An der Straße steht ein entrisches altes Steinhaus, sehr fotogen. Wir laufen durch den Sturm entlang der Landstraße, wollen das Häuschen ablichten, der Starkwind treibt wahre Wassermassen vor sich her, es hat Null Grad und trotz Kapuze und gebückter Haltung spritzt mir der Regen quer von der Nase weg. Meine nun nicht mehr wasserdichten Bergschuhe wiegen gefühlte 4 kg, ich sehne mich nach einem Föhn. Endlich in Dupavik, ein uriges kleines Zimmerchen wird bezogen, am Föhn klebt ein Papierzettel „Danger- don`t use“. Schnell irgendwie getrocknet und dann auf in die alte Heringsfabrik von Dupavik. Jetzt weiß ich, warum ich ein 14 mm Weitwinkel mitgenommen habe, sehr schaurige Industriestimmung an diesem lost place. Die Gegend ist so „lost“ dass sich selbst Hollywood für Aquaman diesen Ort zum Dreh ausgesucht hat.
Vorletzter Tag. Wir nehmen auf dem Weg nach Holmavik ein paar wunderbare Wasserstimmungen mit Bergen mit. In Holmavik geht`s auf zum Whale whatching mit Judith Scott. Wir kreuzen durchs Meer und sehen drei Humpbacks vorbeiziehen. Unser Boot wird von arktistauglichen Eissturmvögeln begleitet. Die ausführlichen Zusatzinformationen der Forscherin an Bord sind sehr bereichernd, ein wunderbares Naturerlebnis.
Am letzten Tag erleben wir noch einmal beeindruckenden Wasserlandschaften der Westfjorde sowie der Borganes-Landzunge. Ich erkenne auch die Straße die Ben Stiller mit seinem Skateboard in seinem „Walter Mitty“ Hollywoodfilm hinuntergerast ist. Schließlich streifen wir noch durch das schnuckelige Zentrum von Reykjavik.
Was bleibt sind wunderbare Erinnerungen an eine abenteuerliche Reise durch eine entlegene und fast utopische Welt.